Reisebericht des Betriebserfahrungsaustauschs zum BV Nordbayern

In den frühen Morgenstunden des 18.05.2006 machten sich 24 Kameradinnen und Kameraden auf die Reise zum BV Nordbayern. Nordbayern war - und ist auch heute immer noch - reich an verschiedensten mineralischen Lagerstätten und so prägte der Bergbau die Region über mehrere Jahrhunderte in ihrer geschichtlichen Entwicklung, in der Kultur sowie in der Wirtschaft aber auch im Landschaftsbild.

Vom BV Nordbayern wurde dieser Erfahrungsaustausch von Frank Becker, Vorsitzender des BV's organisiert. Frank Becker arbeitet bei der Regierung Oberfranken im Bergamt Nordbayern, mit Sitz in Bayreuth.

Vor rund drei Jahrzehnten zählten die klassischen Bergbauzweige des Braunkohlen-, Eisenerz-, Fluss- und Schwerspatabbaus, aber auch Steine- und Erdenbergbau zum Aufgabengebiet der beiden damaligen Bergämter Amberg und Bayreuth, die im Jahre 1995 zum Bergamt Nordbayern zusammengelegt wurden. Nordbayern besitzt eine große Vielzahl nutzbarer Gesteine und Rohstoffe. Der weitaus überwiegende Teil dieser Rohstoffe wird heute in Tagebauen gewonnen. Im Gegensatz zu früher spielt die heutige untertägige Mineralgewinnung nur noch eine untergeordnete Bedeutung. Bei den noch fördernden Bergwerken handelt es sich jeweils um außergewöhnliche Betriebe mit langer Tradition wie z. B. das Tonbergwerk in Klingenberg oder das Anhydritbergwerk in Hüttenheim, die beiden Bergwerke waren Bestandteil unseres Betriebserfahrungsaustauschs.


Gegen 13.30 Uhr erreichte unsere Reisegruppe die schöne Stadt Klingenberg am Main, wo wir an der Tongrube von Frank Becker und Eckhard Erd, Betriebsleiter der Tongrube empfangen wurden. Nach kurzen, einführenden Worten wussten viele unserer Teilnehmer noch nicht, dass sie sich nun auf eine Zeitreise begeben würden.

Tonbergwerk der Stadt Klingenberg

 

Stollen in der Tongrube zu Klingenberg / Main

Anfang des 18. Jahrhunderts wurde mit der Tongewinnung unter Tage begonnen. Das Bergwerk wurde wechselweise von der Stadtverwaltung und von Pächtern betrieben. Durch Raubbau und Vernachlässigung des Schachtausbaues entstand im Laufe der Jahrzehnte ein beträchtlicher Schaden. Deshalb beschloss der Magistrat im Jahr 1855, das Bergwerk ganz in eigener Regie zu führen. Entgegen der damals üblichen Rechtslage konnte die Stadt Klingenberg ihren Eigentumsanspruch auf die Tongrube gegenüber dem Mainzer Kurfürsten durchsetzen.

Mit dieser Entscheidung und durch die einzigartige Qualität des Klingenberger Tons (dem dunklen Gold) gelangte die Stadt zu ihrem legendären Reichtum bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges. Aus dem Gewinn des Tonbergwerkes wurden viele repräsentative Bauten und technische Einrichtungen in Klingenberg finanziert, die heute noch das Stadtbild prägen. Die Nachfrage nach diesem hochwertigen Spezialton ist bis heute ungebrochen. Wie in vielen anderen Bereichen des Bergbaus unterlag der Absatz starken Schwankungen, was immer im Zusammenhang mit technischen Entwicklungen zu sehen ist. So ging z. B. mit der Einführung der Computertechnik die Nachfrage nach Tonqualitäten für die Bleistiftindustrie zurück und hat sich auf einem neuen, niedrigen Niveau eingependelt. Dagegen werden immer mehr metallische Werkstoffe durch Keramiken ersetzt.

Der Ton wird derzeit mit einer Belegschaft von nur 6 Bergleuten gewonnen, gefördert und verarbeitet. Die selektive Gewinnung erfolgt noch in traditioneller bergmännischer Arbeit mit dem Druckluftspaten. Der im untertägigen Abbau seit 1742 gewonnene Klingenberger Ton ist ein sehr hochwertiger feuerfester Bindeton von großer Homogenität bezüglich seiner Gleich- und Kleinkörnigkeit mit 85 bis 98 Gew.-% < 0,002 mm, seine hohe Plastizität und Reinheit mit äußerst wertvollen pyrometrischen Eigenschaften. Der Klingenberger Ton kann fast zu allen keramischen Erzeugnissen verwendet werden, bei denen es auf eine rein weiße Farbe nicht ankommt.

Rohton aus Klingenberg (unbearbeitet) - Quelle:Stadt Klingenberg

Durch sehr gute Bindefähigkeit mit Grafit hat sich der Klingenberger Ton (Bleistiftton) einen festen Platz in der Bleistiftindustrie erobert. (Quelle: Stadtverwaltung Klingenberg) Die Lagerstätte des Tonvorkommens ist nestartig eingebettet in einen von Nord nach Süd streichenden Buntsandsteingraben. Die Breite des Tonlagers von Ost nach West beträgt ca. 150 bis 200 m, die streichende Länge in Nord-Südrichtung ca. 350 - 400 m . Das Tonlager hat stellenweise Mächtigkeiten von bis zu 60 Meter. Die geologische Beschaffenheit des Vorkommens lässt vermuten, dass der Ton auf sekundärer Lagerstätte ruht, denn feldspathaltige Mineralien, aus denen der Ton bekanntlich durch Verwitterung entsteht, sind in der näheren Umgebung nicht feststellbar. Es ist mit Bestimmtheit festzustellen, dass das Tonvorkommen aus einer Stillwasserablagerung hervorging. Die Art und Weise der Ablagerungsvorgänge ist noch ungeklärt

Geologie - Quelle: Stadt Klingenberg
Weinprobe in Klingenberg - Foto: B. Paternoga

Alle Reiseteilnehmer waren beeindruckt und erstaunt zu gleich, dass in der heutigen Zeit noch so, wie in Klingenberg, klassischer Bergbau betrieben wird. Mit diesen, erlebnisreichen Eindrücken ging es erstmal in unser Hotel. Klingenberg nennt man auch die Rotweinstadt am unteren Main. So hatten unsere Gastgeber am Abend des ersten Tages eine deftige Weinprobe organisiert. Hier stellte sich schnell heraus, dass auch manchem kölschverwöhnten Rheinländer ein Schoppen Rotwein mundete. Bis spät in der Nacht wurden die Erlebnisse unserer ersten Grubenfahrt, untermalt von bergmännischem Gesang in fröhlicher Runde besprochen.

Weißes Gold zwischen den Weinbergen

 

Am zweiten Tag unserer Reise fuhren wir zur Firma Knauf nach Hüttenheim. In Hüttenheim Werk 4 konnten wir den Anhydritabbau unter Tage besichtigen. Es werden rund 380.000 Tonnen pro Jahr Anhydrit abgebaut. Das vorhandene unterirdische Labyrinth um-fasst eine Strecke von zirka 200 km. Der Betriebsleiter Wolfgang Volkamer begrüßte unsere Reiseteilnehmer. Nach einer kurzen Einführung ging es dann mit zwei Fahrzeugen zum Abbau unter Tage. Anhydrit (Anhydritspat) ist ein häufig vorkommendes, im orthorhombischen Kristallsystem kristallisierendes Sulfat-Mineral der chemischen Zusammensetzung CaSO4. Es hat eine Härte von 3 bis 3,5, ist entweder farblos oder hat eine weiße, violette, braune, seltener auch rötliche oder bläuliche Farbe. Die Strichfarbe ist weiß. Bedeutung als Rohstoff Anhydrit ist in Pulverform Bestandteil von Zement und wird auch bei der Produktion von Schwefelsäure und Porenbeton eingesetzt. Anhydritbinder sind lufthärtende, nicht hydraulische Bindemittel aus natürlichem oder synthetischem Anhydrit sowie Anregern. Sie sind in ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften mit Gips vergleichbar. Anhydritbinder wird zum Beispiel im Wohnungsbau zur Herstellung von Anhydrit-Estrich oder Fließanhydrit-Estrich verwendet.

Gruppenbild mit Dame Barbarafigur im Anhydritbergwerk

Kirchburgmuseum Mönchsondheim

 

Eingebettet in die reizvolle Landschaft des Steigerwaldvorlandes unweit der mittelalterlichen Weinstadt Iphofen erwartete uns ein Kleinod unter den fränkischen Freilandmuseen: das Kirchenburgmuseum Mönchsondheim, über das unser Gastgeber, Frank Becker einiges Wissenswertes zu berichten wußte.


Wo die gute alte Zeit lockt
Zum Museum, welches seit der Gründung 1975 mehrfach erweitert wurde, gehört die einklassige Schule (1927), das Rathaus (1557), das Gasthaus (1790) mit einer großen landwirtschaftlichen Hofstelle und als Mittelpunkt die Kirchenburg (15. bis 19.Jh.). Um die Barockkirche (1688) gruppiert sich eine wehrhafte Anlage aus kleinen Gaden, in denen heute Handwerker- Werkstätten untergebracht sind. In den 17 Werkstätten werden alte, oft schon vergessene Handwerkstechniken wieder lebendig. So gehörten Schmied, Wagner, Schuster, Schreiner oder Töpfer früher zum üblichen Dorfbild. Auch die bäuerliche Vorratshaltung wird in zahlreichen Exponaten dokumentiert. Der traditionsreiche fränkische Weinbau wird mit zahlreichen Gerätschaften für die Arbeit im Weinberg und im Keller illustriert. Ergänzt wird dies durch einen Rebgarten und eine anschauliche Keltersammlung. (Quelle: Kirchburgenmuseum Mönchsondheim)

Nach dem kurzen Zwischenstop in die gute alte Zeit, machten wir uns wieder auf und führen zum Tagebau Gipshütte. Dort wurden wir von Herrn Dr. Jörg Ertl (Betriebsleiter) empfangen. Nach einem kurzen Einführungsvortrag am Tagebau fuhren wir dann weiter zur Firma Lafarge, um uns die Produktionsstraße für Gipskartonplatten anzuschauen. Der Produktionsleiter, Herr Oberfichtner, erläuterte uns in einem Einführungsvortrag die Firma Lafarge. Anschließend besichtigten wir die Produktionshalle. Vom Brecher bis zur fertigen Gipskartonplatte konnten wir den gesammten Produktionsablauf verfolgen. Für alle Teilnehmer war dies ein interressanter Rundgang.

Erdgasspeicher Eschenfelden

 

Am Samstag machten wir uns auf den Weg, um den von der Firma Eon Ruhrgas betriebenen Erdgasspeicher zu besichtigen. Von den Herren Dr. Saager ( Leiter der Region Süd), H. Herrmann (Leiter Speicherstandort) und H. Schöninger (Verantwortlicher für "Unterfluriges") wurden wir am Standort Eschenfelden begrüßt.
Der Untertagespeicher bei Eschenfelden gehört zu den 7 Porenspeichern, die sich im Verbundsystem der Ruhrgas AG befinden und wird seit 1976 betrieben. Er diente ursprünglich zur Speicherung von Kokereigas und später von Erdgas z. B. aus den Niederlanden. Heute wird über Waidhaus aus Russland kommendes Erdgas gespeichert.
Die Speicherschichten (Aquifer) liegen zwischen 500 und 600 m unter der Erdoberfläche. Dem Speicher können in einer Entnahmeperiode insgesamt ca. 72 Mio. m³ Arbeitsgas entnommen werden. Da der höchste Druck mit 46 bar geringer ist als der Leitungsdruck (max. 67,5 bar), erfolgt die Einspeicherung unmittelbar aus dem Leitungssystem.
Zur Befüllung und Entleerung des Speichers stehen 12 Betriebsbohrungen zur Verfügung. Laufende Messungen in 5 Beobachtungsbohrungen dienen seiner Überwachung.
Die weiteren Porenspeicher befinden sich in Engelbostel (Hannover), Hähnlein und Sandhausen (Frankfurt), Bierwang, Inzemham-West und Breitbrunn/Eggstätt (nähe München). Quelle:Ruhrgas AG, Technik der Versorgungssicherheit - Untertagespeicher

KTB - Kontinentale Tiefbohrung in Windischeschenbach

 

Mit der größten Landbohranlage der Welt wurde bei Windischeschenbach nördlich Weiden die Kontaktzone zweier großer Kontinentalschollen erbohrt. Vielfältigste Untersuchungen wurden durch die ab September 1987 bis April 1989 niedergebrachte Vorbohrung (4000,1 m) und die 200 m entfernte Hauptbohrung vom 6. Oktober 1990 bis 12. Oktober 1994 (9101 m) ermöglicht. Die KTB war das erste deutsche Großprojekt der geowissenschaftlichen Grundlagenforschung. Herr Bauer, vom Informationszentrum führte uns durch die Anlage und anschließend auf die Besucherplattform des Bohrturmes.


Der 83 Meter hohe Bohrturm der größten Landbohranlage der Welt war auch EXPO-2000-Projekt. Die Verantwortlichen der Region haben dieses Forschungsdenkmal in seiner mächtigen Form erhalten. Angegliedert und unbedingt einen Besuch wert ist das Geo-Zentrum (modernes Bildungs- und Info-Zentrum) am Bohrturm. Derzeit ist das Bohrloch immer noch das "tiefste (zugängliche) Loch" der Welt.

Bergbaumuseum Maffei-Schächte

 

Auf unserem Rückweg zum Hotel, machten wir noch einen Zwischenstop am Bergbaumuseum Maffei - Schächte. Die Grube "Nitzlbuch" war eines der bedeutendsten Eisenerzbergwerke Bayerns. Die beiden Fördertürme der Grube Nitzlbuch sind die ältesten ihrer Art in Bayern. Ihnen kommt deshalb die Bedeutung eines technischen Denkmals zu. Sie stehen als Symbol eines Jahrhunderte andauernden Eisenerzbergbaus, der die Landschaft prägte und der Bevölkerung ein Auskommen gab. Das heute vor allem von Knappenvereinen gepflegte kulturelle Erbe der Bergbautradition kann nur bewahrt werden, wenn bedeutende Zeugnisse erhalten bleiben.
Die "Maffeischächte" in Auerbach-Nitzlbuch sind hierfür ein hervorragendes Beispiel. Im Museum sind neben Bergbaumaschinen der Grube Nitzlbuch und des Annaschachtes eine Teilschnitt-Gewinnungsmaschine sowie ein dieselgetriebener Fahrschaufellader der Grube Leonie ausgestellt. Nach den bereits 1978 einsetzenden vielfältigen Bemühungen wurden mit der Gründung des Vereins "Bergbaumuseum Auerbach-Pegnitz an der Bayerischen Eisenstraße e.V." (Gründung 28.06.1985) die Weichen für eine Erhaltung dieses Industriedenkmals gestellt.

Weitere Informationen:
Bergbaumuseum Maffeischächte Grube Auerbach-Nitzlbuch
über Stadtverwaltung Auerbach
91275 Auerbach
Telefon (09643) 2049573
Telefax (09643) 91168
Mail: Bergbaumuseum

Kameradschaftsabend im Landgasthof Kilchert

 

Nach diesem interessanten Tagesprogramm wurden wir am Abend von vielen Kameraden des BV Nordbayern zu einem Kameradschaftsabend eingeladen. Hier stießen auch wieder die Kameraden Albert Dingler, Willi Stock und Frank Becker zu uns. Alle drei waren an diesem Samstag auf dem RDB Delegiertentag in Essen. Neben fachkundigen Gesprächen und einigen bergmännischen Gesängen, wurde uns vom Kameraden Frank Becker die Arbeit des Bergamtes in Bayern erläutert. Noch bis spät in der Nacht wurde der Kontakt zwischen dem BV Nordbayern und der BG Hambach intensiviert.

Wagnerstadt Bayreuth

Opernhaus Bayreuth

Am letzten Tag unserer Nordbayerntour besuchten wir die Wagnerstadt Bayreuth. Auch hier haben wir den unten fachkundigen Erläuterungen unseres Gastgebers Frank Becker eine sehr schöne und erlebnisreiche Stadtführung unternommen. Neben einer Führung durch die Eremitage (altes und neues Schloß), das Festspielhaus, das Geburtshaus Wagners, haben wir im Opernhaus eine multimediale Vorführung über die Geschichte des Hauses genossen.
Ein Stadtrundgang mit den Besichtigungen der Schlosskirche, Spitalkirche und Stadtkirche rundete das Programm ab.

Beeindruckt von dieser Stadt machten wir uns dann auf, um den Heimweg anzutreten. Allen Kameraden des BV Nordbayern, aber vom allem dem Vorsitzenden Frank Becker sei an dieser Stelle nochmals für die Ausrabeitung und die Betreuung gedankt.

Reisebericht des Betriebserfahrungsaustauschs zum BV Nordbayern
vom 18. - 21.05.2006
Wolfgang Engels, Geschäftsführer BG Hambach

Quellverzeichnisse:
Internetseite der Stadt Klingenberg
Informationsbroschüre der Fa. Knauf
Internetseite KTB, Internetseite Mönchsondheim
Firma Eon Ruhrgas